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Einführung
Das DPMA (Deutsches Patent- und Markenamt, zuständig für die Schutzrechte Patente, Gebrauchsmuster, Topographien, Marken und Geschmacksmuster) erläutert hier Patente und die anderen Schutzrechte.
DPMA – Schutzrechte: Schutz von Computerprogrammen
Hier beschreibt das DPMA aus seiner Sicht die aktuelle Praxis bei "programmbezogenen Erfindungen" in Deutschland.
Zu beachten sind hier insbesondere die Ausführungen zum "technischen Charakter der programmbezogenen Erfindung". Der "technische Charakter" nimmt in der Diskussion zu Software-Patenten eine zentrale Position ein.
Hier kommt zum Ausdruck, das der Technik-Begriff im Patentrecht nicht (mehr) als fest angesehen wird. Die gesetzlichen Regelungen sind hier durch Auslegung und Richterrecht ergänzt, oder – nach Meinung von Kritikern – ersetzt worden. Der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung Sprachanalyseeinrichtung, 2000: "Der Begriff der Technik entzieht sich einer eindeutigen und abschließenden Festlegung."
Der BMBF Patentserver wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung betrieben.
- Broschüre Software-Patente vom BMBF Patentserver (PDF, 136 KB)
Zitat vom BMBF Patentserver zu Patentierungsmöglichkeiten bei softwarebezogenen Erfindungen:
"Wichtig für alle, die mit technischen Entwicklungen unter Nutzung von Software zu tun haben: Praktische Hinweise zum Umfang der Patentierungsmöglichkeiten bei software-bezogenen Erfindungen bietet Ihnen die Broschüre "Software Patente", die hier zum Download bereit liegt."
Nicht wundern: Auch wenn es sich um eine Siemens-interne Broschüre handelt, sie stammt vom angegebenen Link des BMBF Patentservers. Das BMBF macht sich hier anscheinend die Meinung der Firma Siemens zu eigen. Danach reicht es für die Patentierung von Software, wenn "technische Überlegungen" erforderlich waren (neben Neuheit, Erfindungshöhe usw.). Mit einem derart weichen Kriterium kann jede Software patentiert werden: denn der Patentanwalt, der in der Anmeldung einer Software nicht für die Formulierung "technischen Überlegungen" sorgen kann, ist sein Geld nicht wert. Prüfen Sie das selbst anhand der Kernaussagen der Broschüre.
Kernaussagen der "Broschüre Software-Patente" vom BMBF Patentserver sind, Zitat (S. 2 f.):
"Die Einstellung der meisten wichtigen Patentämter – USA, Japan, Europa, Deutschland – hat sich aber in den letzten 10 Jahren so drastisch geändert, daß heute nur noch selten Schwierigkeiten bei der Patentierung von Software auftreten. Hierzu hat insbesondere ein praxisgerechter Ansatz für die Beurteilung des "technischen Charakters" von Erfindungen beigetragen.
Eine Erfindung ist demnach technisch – und somit patentierbar – wenn wenigstens eine der folgenden vier Fragen bejaht werden kann
Frage 1: Wird mit der Erfindung eine physikalische Eigenschaft einer Einrichtung beeinflußt?
Frage 2: Wird mit der Erfindung ein technischer Effekt bewirkt?
Frage 3: Liegt eine technische Aufgabe vor?
Frage 4: Waren technische Überlegungen erforderlich?"
Beispiel für den "technischen Charakter": Bei Elementen von Bedienoberflächen fragt man sich, was daran wohl technisch ist. Für das Patent EP 0 689 133 wurde das dem Autor von einem Patentspezialisten so erklärt: Das Technische daran sei der "sparsame Umgang mit der knappen Ressource Fläche auf dem Computer-Bildschirm".
Die Europäische Kommission hat am 20.02.02 einen Vorschlag für eine Richtlinie für den "Patentschutz computerimplementierter Erfindungen" vorgestellt. An diesem Vorschlag und seinen Vorbereitungen, die – auch von der softwareentwickelnden Fachwelt weitgehend unbeachtet schon seit 1997 laufen – entzündete sich die Debatte über Software-Patente.
- Europ. Kommission: Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen
- Europ. Kommission: Erläuterungen zum Richtlinienvorschlag
- Europ. Kommission: Richtlinien-Vorschlag vom 20.02.02 (PDF, 98 KB)
- Dänische EU-Ratspräsidentschaft: sogenannter "Kompromißvorschlag" vom 23.09.02 (Englisch, PDF, 38 KB)
Zitat von o. a. Link: "Was sind die Hauptunterschiede zwischen dem Ansatz des Richtlinienvorschlags und der Situation in den USA und Japan? Der Hauptunterschied besteht im Erfordernis eines „technischen Beitrags". Dieses existiert im japanischen Recht zwar in dieser Form nicht, dort gilt aber traditionell ein mit Europa vergleichbares Erfordernis: Eine Erfindung muss eine fortgeschrittene Umsetzung technischer Ideen unter Anwendung eines Naturgesetzes darstellen. In den Vereinigten Staaten hingegen genügt es, wenn eine Erfindung einem Gebiet der Technik angehört; sie muss den Stand der Technik nicht bereichern. ...". Das klingt beruhigend (wie andere Formulierungen auch), der "technische Beitrag" des Richtlinienvorschlags wird hier in Verbindung gebracht mit dem klassischen Erfindungsbegriff ("fortgeschrittene Umsetzung technischer Ideen unter Anwendung eines Naturgesetzes").
Ganz anders liest es sich in der "Begründung" des Richtlinienvorschlags auf Seite 7, Abschnitt "Derzeitige Rechtslage im Zusammenhang mit Artikel 52 Absatz 1 und 2 EPÜ, Grundvoraussetzung der „Technizität“", Zitat: "In der Frage, welchen computerimplementierten Erfindungen „Technizität“ zugesprochen werden kann, lässt sich aus dem kürzlich verhandelten Fall Controlling pension benefits system schließen, dass alle Programme, die auf einem Computer ablaufen, per Definition als technisch anzusehen sind (da es sich bei dem Computer um eine Maschine handelt). Sie überwinden somit die erste Hürde auf dem Weg zur Patentierbarkeit." Bleiben also noch Neuheit, Erfindungshöhe usw., die "Technizität" ist eine leere Hülse ohne Bedeutung. Sie soll es auch bleiben, denn die Richtlinie soll die derzeitige Rechtslage harmonisieren.
Kritiker der Richtlinie sehen in diesem Zusammenhang durch die laufende Aufweichung des Technik-Begriffs in Europa die Gefahr, daß bei uns dann auch bezogen auf Algorithmen und Geschäftsmethoden (mathematische Methoden, Verfahren für gedankliche und geschäftliche Tätigkeiten) schnell ähnliche Verhältnisse wie in USA Einkehr halten werden (soweit sie das aus ihrer Sicht nicht schon gehalten haben).
Der eigentliche Richtlinien-Vorschlag mit seinen 11 Artikeln ist nur 3 Seiten lang (S. 21 bis 23). Es lohnt sich, diesen Text aufmerksam zu lesen. Der Technik-Begriff ("Technischer Beitrag", "Gebiet der Technik") ist dort so formuliert, daß nach Inkrafttreten und Umsetzung in den Mitgliedsstaaten der EU die Patentämter jede Software in Europa patentieren müssen (Neuheit, Erfindungshöhe usw. vorausgesetzt).
Leider leistet dieser Änderungsvorschlag keinen Beitrag zur Lösung der Probleme mit zu breiten, zu trivialen oder nicht-technischen Software-Patentansprüchen. Er soll wohl durch häufigere Verwendung des Wortes "technisch" und geschickte, bei flüchtigem Hinsehen einschränkend erscheinende Bemerkungen den Eindruck einer Begrenzung der Patentierbarkeit erwecken. Dies hält keiner Prüfung stand. Wenn man den faktisch fast bedeutungslos gewordenen Technik-Begriff (siehe oben) mehrfach wiederholt, ist nichts gewonnen. Beachten Sie dazu unsere E-Mail mit einer Kritik des "Kompromißvorschlags" an das Justizministerium, die Anmerkungen des FFII und die Pressemitteilung des DIHK vom 04.10.02.
Besonders bedenklich ist, daß über Artikel 5, 2 jetzt zusätzlich Ansprüche auf ein Programm (auch Computerprogrammprodukt genannt) zugelassen werden sollen. Damit könnten Patente zusätzlich auch für Programmtext oder Programmcode auf einem Datenträger (z. B. CD, Diskette) oder z. B. auf einem Server im Internet beansprucht werden.
Die Monopolkommission hat sich in ihrem XIV. Hauptgutachten "Netzwettbewerb durch Regulierung" (veröffentlicht am 08.07.02) mit Software-Patenten befaßt, und zwar im
- Kapitel V, Abschnitt 4.4 "Patentierbarkeit und Patentierung von Softwareprodukten (Word, 32 KB)".
- "Das EPA schafft damit einen zusätzlichen Ausschlusstatbestand, der sich aus Wortlaut und Systematik des Art. 52 EPÜ nicht ergibt ..."
- "Insgesamt hat auch die nationale Rechtsprechung den Gesetzeswortlaut weitgehend aus den Augen verloren."
- "Empirische Studien über das Verhalten von kleinen und mittleren Unternehmen im Softwarebereich haben gezeigt, dass Patente für diese zu den am wenigsten effizienten Methoden des Investitionsschutzes zählen."
Die Monopolkommission kritisiert dort die Patentierung von Software insgesamt, nicht nur die neuen Regelungen des EU-Richtlinien-Vorschlags. Es wird insbesondere auch die aktuelle Software-Patentierungspraxis kritisiert, z. B.
Die Stellungnahme der Monopolkommission deckt sehr gut die ganze Breite der Problematik ab. Was kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) betrifft: Der Schlußsatz von Ziffer 7 gibt die Wirklichkeit sehr treffend wieder:
Zu dem mehr als 500seitigen XIV. Hauptgutachten gibt es eine 58seitige "Kurzfassung" (PDF, 73 KB). Dort sind die Aussagen zu Software-Patenten unter Ziffer 112 und 114 (TXT, 5 KB) zusammengefaßt.
Der FFII (Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur e. V.) gehört zu den bekanntesten Kritikern der gegenwärtigen Softwarepatentpraxis und des Richtlinienentwurfs der Europäischen Kommission. Auf seiner Website dokumentiert er zeitnah die Entwicklung der Diskussion.
- FFII – Website zu Logikpatenten
- FFII – Aufruf zum Handeln
- FFII – Beispiele für Europäische Software-Patente
- Adobe Patent auf Paletten mit Reitern EP 0 689 133
- FFII – Testsuite für die Gesetzgebung
Hier trägt der FFII vor, was ihn besorgt und was seiner Ansicht nach zu tun ist. Hinterlegt wird das Ganze mit vielen Zusatzinformationen und Links.
Der FFII veröffentlicht auf seiner Website zahlreiche Beispiele. Hier sei das folgende herausgegriffen:
Zitat von o. a. Link: "Dieses Patent wurde vom EPA im August 2001 ohne Abstriche gegenüber der amerikanischen Originalversion erteilt. Die Prüfung dauerte 6 Jahre. Adobe hat aufgrund dieses Patentes eine Klage gegen Macromedia eingereicht. Es deckt die Einführung einer dritten Dimension in Menüoberflächen ab. Die Erfindung besteht darin, daß Sätze von anwählbaren Optionen hintereinander angeordnet und mit Reitern versehen werden. Dieses Prinzip wird in Bildbearbeitungsprogrammen wie Photoshop oder GIMP verwendet, aber nicht nur dort."
Und was ist das Technische an diesem Patent? Ein Patentspezialist erklärte dem Autor, daß es der "sparsame Umgang mit der knappen Ressource Fläche auf dem Computer-Bildschirm" sei.
Zitat von o. a. Link: "Um eine Patentierbarkeitsrichtlinie auf Tauglichkeit zu prüfen, sollten wir sie an Beispiel-Innovationen ausprobieren." Nicht-Juristen wäre es eine große Hilfe, wenn der Richtlinien-Vorschlag der Europ. Kommission und andere Vorschläge anhand von konkreten Beispielen erläutert würden. Wir unterstützen diese Idee und bitten alle an der Diskussion beteiligten, Ihre Vorschläge anhand von Beispielen zu erklären. Auch die Juristen profitieren sicher davon, wenn die Diskussion mit den Technikern an Beispielen orientiert wird.
Die EuroLinux-Allianz kritisiert die Patentierungspraxis und den EU-Richtlinienvorschlag.
- Die Petition für ein softwarepatentfreies Europa kann hier unterzeichnet werden
- Unternehmen können die Initiative durch Veröffentlichung ihres Logos unterstützen, Zusendung per E-Mail möglich.
Stellungnahmen von Industrieverbänden zum Richtlinienvorschlag der Europ. Kommission
- Stellungnahme DIHK (Deutscher Industrie- und Handelskammertag)
- ZVEI – 12.03.02, Pressemitteilung: Richtlinien-Vorschlag geht nicht weit genug
- ZVEI – 12.05.02, 5seitige Stellungnahme zum Richtlinienvorschlag (PDF, 37 KB)
Der DIHK setzt sich in einer Stellungnahme vom 20.04.02 kritisch mit dem Richtlinien-Vorschlag auseinander. Die Stellungnahme ist noch nicht veröffentlicht, Mitglieder der IHKs können sie per E-Mail anfordern.
Pressemitteilung des DIHK vom 04.10.02Diese Stellungnahme des ZVEI war nur im "Ausschuß für gewerblichen Rechtsschutz" erarbeitet worden. Wir setzen uns dafür ein, daß vor weiteren Stellungnahmen auch Diskussionen in den Fachverbänden, z. B. in technischen Arbeitskreisen des Fachverbands Automation erfolgen.
Beispiele
Beispiele für sehr allgemeine Software-Patente und für Software-Patente, die für die Automatisierungstechnik relevant sind. Spezieller Abschnitt zu Feldbus-Patenten.
Heute angemeldet, morgen Patent?
Erfindungen, die heute zum Patent angemeldet werden, sollen schließlich auch patentiert werden. An Beispielen von Patentanmeldungen eines großen deutschen Elektrokonzerns, der eine sehr weitgehende Software-Patentierung befürwortet, kann man erkennen, wohin die Reise geht.
Statement und Forderungen
Nach ausführlicher Analyse der derzeitigen Patentierungspraxis, des EU-Richtlinien-Vorschlags, der Literatur, vieler Beispiel-Patente und -Patent-Anmeldungen, nach ausführlichen Diskussionen mit Befürwortern und Gegnern der Software-Patentierung haben wir ein Statement und die daraus resultierenden Forderungen erarbeitet.
Plädoyer für die Anwendung eines klaren Technik-Begriffs (PDF, 245 KB)
Folien zu einem Vortrag beim ZVEI GA Kommunikation in der Automatisierungstechnik am 2002-06-05
Zur Beachtung: Die in diesem Text verwendeten Soft- und Hardware-Bezeichnungen, Firmen- und Markennamen können warenzeichen-, marken- oder patentrechtlichem Schutz unterliegen.
Anregungen, Kommentare, Kritik zu www.esr-pollmeier.de/swpat/... an Stefan Pollmeier.